🏳️🌈 Wahlfamilie statt Blutsverwandtschaft – Wer zählt als Angehörige:r in der Pflege?
- Andreas Schütz
- 18. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
In vielen queeren Lebensrealitäten ist „Familie“ nicht nur eine Frage der Biologie, sondern der Bindung. Menschen, die füreinander da sind, ohne verwandt zu sein – Freund:innen, Partner:innen, Mitbewohner:innen oder langjährige Wegbegleiter:innen – übernehmen Verantwortung füreinander. Gerade im Alter oder bei Pflegebedürftigkeit spielt diese sogenannte Wahlfamilie eine zentrale Rolle.
Doch was heißt das eigentlich im Pflegekontext? Wer darf offiziell als Angehörige:r gelten – und wo stößt das System noch an seine Grenzen?
🧭 Wer wird im Pflegesystem als „Angehörige:r“ anerkannt?
Im Sozialgesetzbuch ist geregelt, wer als „Angehörige:r“ gilt. Dazu zählen:
Ehepartner:innen oder eingetragene Lebenspartner:innen
Verwandte ersten bis dritten Grades
Schwäger:innen, Stief- oder Pflegekinder
In Einzelfällen auch Menschen, mit denen ein enges persönliches Verhältnis besteht
Letzteres ist entscheidend: Pflegekassen können auch nicht-verwandte Bezugspersonen anerkennen, wenn eine persönliche Nähe und regelmäßige Unterstützung gegeben sind. Das betrifft viele queere Sorgebeziehungen.
🏳️🌈 Was heißt das konkret für queere Menschen?
Viele LSBTIQ*-Personen leben außerhalb klassischer Familienmodelle. Die Pflege übernehmen dann oft:
Ex-Partner:innen, mit denen ein tiefes Vertrauensverhältnis besteht
Freund:innen oder Nachbar:innen aus der queeren Community
Mitbewohner:innen in gemeinschaftlichen Wohnformen
Partner:innen ohne offizielle Eheschließung oder Eintragung
Diese Menschen gelten zwar nicht automatisch als „Angehörige“, können aber durch eine formlos belegte Pflegebeziehung oder eine Vorsorgevollmacht eingebunden werden. Das zeigt: Das System ist nicht starr – aber es erfordert aktives Handeln.

📝 Wie kann ich meine Wahlfamilie rechtlich absichern?
Damit die Pflege durch Wahlfamilie auch formal anerkannt wird, sind einige Schritte sinnvoll:
Vorsorgevollmacht erstellen
Sie regelt, wer für dich entscheiden darf – z. B. im Krankenhaus, bei Behörden oder gegenüber der Pflegekasse.
Pflegebeziehung dokumentieren
Schreibe auf, wer dich regelmäßig unterstützt – und in welchem Umfang. Das hilft bei der Beantragung von Pflegegeld oder Verhinderungspflege.
Patientenverfügung ergänzen
Hier kannst du auch festlegen, wer dich in sensiblen Situationen begleiten oder vertreten soll.
Frühzeitig mit der Pflegekasse sprechen
Stelle klar, dass du von einer nicht-verwandten Person gepflegt wirst – und frage nach den konkreten Voraussetzungen für Leistungen wie Pflegegeld oder Verhinderungspflege.
💡 Unser Tipp: Pflegebeziehungen sichtbar machen
Das deutsche Pflegesystem basiert (noch) auf traditionellen Familienbildern. Aber es gibt Spielräume – vor allem dann, wenn queere Menschen aktiv sichtbar machen, wer für sie wichtig ist. Je klarer deine Wahlfamilie benannt und eingebunden ist, desto besser kann sie dich unterstützen – auch rechtlich abgesichert.
📌 Fazit
Für queere Pflegebedürftige und Zugehörige ist die Frage „Wer gehört zu mir?“ oft keine biologische, sondern eine soziale. Pflege durch Wahlfamilie ist nicht nur Realität – sie ist tragend, verlässlich und liebevoll.
Das System erkennt diese Beziehungen an, wenn du sie sichtbar machst und absicherst. So wird Pflege zu etwas, das nicht nur funktioniert – sondern sich auch nach dir anfühlt.