QueerPflege-LSBTIQ-Pflege Buntes Logo mit blumenähnlichem Design und dem Text „queer pflege.de“.

HINTERGRUND INFOS

Gute Pflege hängt nicht nur von fachlichem Wissen und Können ab, sondern auch von der persönlichen Haltung der Pflegenden und ihrer Fähigkeit, eine individuelle und konstruktive Beziehung zum pflegebedürftigen Menschen aufzubauen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist das Bewusstsein für die Vielfalt menschlicher Existenz.

Die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität eines Menschen sind wichtige Bestandteile seiner Identität und beeinflussen nicht nur das sexuelle Verhalten oder Selbstverständnis, sondern auch andere Lebensbereiche. Daher ist es wichtig, dass die Pflege diese Aspekte berücksichtigt und auf die besonderen Bedürfnisse von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transgendern und Intersexuellen eingeht. Ähnlich wie bei Menschen mit Migrationshintergrund sollten kulturelle und religiöse Prägungen in der Pflege berücksichtigt werden. Erlebte oder befürchtete Diskriminierung kann dazu führen, dass sich LSBTI in Einrichtungen zurückziehen oder diese gar nicht erst aufsuchen, was im Falle einer notwendigen medizinischen Behandlung schwerwiegende Folgen haben kann.

Geschichtlicher Überblick:

Bis 1994 stellte § 175 des Reichsstrafgesetzbuches (RStGB) sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe. Dieser Paragraph führte zu einer staatlich unterstützten Diskriminierung von Homosexuellen und prägt die gesellschaftliche Einstellung gegenüber homosexuellen Männern und Frauen bis heute. Auch transidente Menschen wurden auf der Grundlage dieses Paragraphen verfolgt, wenn sie z.B. Kleidung des anderen Geschlechts trugen.

Homosexualität als Thema der Forschung

Magnus Hirschfeld war der erste Forscher, der sich wissenschaftlich mit Homosexualität befasste. Im Jahr 1919 gründete er das weltweit einzigartige Institut für Sexualwissenschaft in Berlin. Hirschfeld forschte, bot Sexualberatung an und kämpfte gegen den § 175 RStGB, den er als ungerecht und unmenschlich ansah. Im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen betrachtete er Homosexualität als Auswirkung einer „ganz und gar unverschuldeten (…) Sexualkonstitution“ und nicht als Ausdruck eines lasterhaften Lebenswandels. Hirschfeld glaubte nicht an die Zweigeschlechtlichkeit des Menschen, sondern daran, dass es zwischen weiblichem und männlichem Geschlecht Zwischenstufen gibt. Er war überzeugt davon, dass Menschen Merkmale beider Geschlechter tragen können. Als Medizin-Pionier führte er an seinem Institut im Jahr 1930 an der Dänin Lili Elbe, die als Einar Wegener geboren wurde und phänotypisch männlich war, die erste geschlechtsangleichende Operation der Welt durch.

Verfolgung

In den 1920er Jahren konnten schwule, lesbische und andere queere Identitäten in Großstädten relativ offen gelebt werden. Insbesondere in Berlin gab es eine blühende queere Kultur mit Treffpunkten für Transidente und mehr schwul-lesbischen Lokalen als irgendwo sonst in Europa. Mit dem Aufstieg der Nationalsozialisten fanden diese liberalen Bestrebungen ein jähes Ende. Die nationalsozialistische Geschlechter- und Rollenideologie sah für Frauen viele Kinder, Erziehung und Haushalt, für Männer Arbeit und Kriegsdienst vor. Homosexualität hatte in dieser Ideologie keinen Platz. Alle Lebensformen, sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten, die nicht in das nationalsozialistische Weltbild passten, wurden als pervers und sittenwidrig gebrandmarkt und verfolgt. Der § 175 RStGB wurde massiv verschärft, zwischen 1935 und 1945 kam es zu mehr als 50.000 Verurteilungen. Tausende Homosexuelle und Transidente wurden in Konzentrationslager verschleppt und ermordet. Lesben wurden zwar nicht systematisch verfolgt, aber bei Denunziation drohte ihnen die Einweisung in Fürsorgeheime und psychiatrische Anstalten oder sogar die Deportation in ein Konzentrationslager. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren Homosexualität und Transidentität völlig aus dem öffentlichen Leben verschwunden und Menschen, die ihre nicht-heterosexuelle Identität entdeckten, auf sich allein gestellt.

Deutschland in der Nachkriegszeit: homophob und transphob

In den 1950er Jahren blieben die alten Geschlechterrollen bestehen und nicht-heterosexuelle Lebensweisen wurden verachtet, Diskriminierung und Ablehnung waren weiterhin an der Tagesordnung. Der Paragraph 175 des Strafgesetzbuches, der homosexuelle Handlungen unter Männern unter Strafe stellte, blieb in beiden deutschen Staaten in der von den Nationalsozialisten verschärften Form bestehen. Während die DDR den Paragrafen 1957 entschärfte und 1968 ganz abschaffte, blieb er in der Bundesrepublik bis 1969 unverändert in Kraft. Insgesamt wurden gegen rund 100.000 Männer Ermittlungsverfahren eingeleitet, in 50.000 Fällen kam es zu Verurteilungen wegen gleichgeschlechtlicher „Unzucht“. Unter diesen Bedingungen lebten schwule Männer in ständiger Angst vor Entdeckung, Verfolgung und Bestrafung, während lesbische Frauen sich in „Freundschaften“ oder sogenannten „Josefsehen“ versteckten und auf Sexualität verzichteten. Transidente und intersexuelle Menschen blieben unsichtbar und lebten zurückgezogen, da es für sie weder Treffpunkte noch Unterstützung gab.
QueerPflege-LSBTIQ-Pflege Eine Illustration zweier älterer Männer, die sich umarmen, was die Bedeutung der LGBTIQ-Betreuung in Seniorengemeinschaften verdeutlicht.

Zeitenwende durch die „68er Generation

Der moralische und politische Wandel Ende der 1960er Jahre führte dazu, dass sich junge Menschen gegen konservative Politik, überholte Moralvorstellungen und starre Geschlechterrollen auflehnten. Zu dieser Bewegung gehörten auch Schwule und Lesben, die am Aufstand im Stonewall Inn in der New Yorker Christopher Street teilnahmen. Dieser Aufstand gilt heute als Beginn eines neuen lesbisch-schwul-transidenten Selbstverständnisses und wird alljährlich im Sommer mit dem Christopher Street Day (CSD) gefeiert. Auch der Internationale Tag gegen Homophobie und Transphobie (IDAHOT) am 17. Mai ist ein wichtiges Datum, um weltweit gegen Diskriminierung einzutreten und ein Zeichen für Akzeptanz zu setzen. Ein wichtiger Meilenstein war die Streichung der Homosexualität aus der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (ICD) durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 1990.

Durch AIDS werden Vorurteile sichtbar

In den 80er Jahren brach die AIDS-Epidemie aus und rief bei vielen Menschen gesellschaftliche Vorurteile hervor. Schwule und Bisexuelle wurden als Gefahr angesehen und ausgegrenzt, was für viele den Verlust von Arbeit, Wohnung und sozialen Beziehungen zur Folge hatte. Es herrschte Angst vor gesellschaftlicher Repression und eigener Ansteckung sowie Trauer um an AIDS verstorbene Freunde. Dennoch entstand in dieser existenziell bedrohlichen Situation, unterstützt durch eine kluge staatliche Präventionspolitik, ein bundesweites Netz von AIDS-Hilfen. Zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer engagieren sich seitdem in der Unterstützung von HIV-Positiven und AIDS-Erkrankten und leisten Aufklärungsarbeit in speziellen Zielgruppen und in der Öffentlichkeit. Ziel ist es, Aufklärung und Prävention an die Stelle von Diskriminierung und Ausgrenzung zu setzen.

 

Die Rehabilitation der Opfer des § 175

 

Der von den Nationalsozialisten verschärfte § 175 StGB wurde in der Bundesrepublik Deutschland erst 1994 endgültig abgeschafft. Seitdem sind homosexuelle Handlungen unter Männern nicht mehr strafbar. 2002 entschuldigte sich der Deutsche Bundestag bei den Schwulen, die während des Nazi-Regimes verfolgt, gefoltert und inhaftiert wurden. Alle Urteile aus dieser Zeit wurden aufgehoben. Im Juni 2017 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, das auch die ca. 64.000 Urteile der Nachkriegszeit aufhob und den Justizopfern eine finanzielle Entschädigung von pauschal 3.000 Euro pro Person sowie 1.500 Euro für jedes angefangene Jahr im Gefängnis zusprach. Allerdings wurden Männer, gegen die ermittelt wurde, bei denen es aber nicht zu einer Verurteilung kam, nicht entschädigt. Auch lesbische Frauen wurden nicht berücksichtigt, da der § 175 StGB sich nicht auf sie bezog und sie daher nicht strafrechtlich verfolgt wurden. Allerdings erfuhren sie soziale Ausgrenzung, homophobe Anfeindungen sowie verbale und körperliche Gewalt mit negativen Auswirkungen auf ihre persönliche und berufliche Biografie.

Lebenspartnerschaft

Im Jahr 2001 wurde mit dem Lebenspartnerschaftsgesetz die eingetragene Lebenspartnerschaft für zwei Personen gleichen Geschlechts eingeführt. Diese entsprach weitgehend den rechtlichen Bedingungen der Ehe. Die Einführung der Lebenspartnerschaft wurde einerseits als Fortschritt in Richtung Gleichbehandlung gewertet. Andererseits wurde jedoch kritisiert, dass es nun zwei Rechtsformen für die Verbindung von heterosexuellen und homosexuellen Menschen gab. Insbesondere im Hinblick auf den Kinderwunsch homosexueller Paare gab es Unterschiede zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft. Zwar konnten Lesben und Schwule die leiblichen und adoptierten Kinder ihrer Lebenspartner nachträglich adoptieren (Stiefkindadoption), eine gemeinsame Familiengründung und Adoption von Kindern war ihnen jedoch verwehrt.

Ehe für Alle

Das am 1. Oktober 2017 in Kraft getretene „Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“ führt zu einer weitgehenden rechtlichen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare mit heterosexuellen Paaren. Diese Gleichstellung ermöglicht es gleichgeschlechtlichen Paaren auch, gemeinsam Kinder zu adoptieren. Obwohl das Gesetz als Meilenstein gilt und die staatliche Ungleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Paare beendet, sind noch nicht alle Hürden, insbesondere für Frauenpaare mit Kinderwunsch, beseitigt. Eine Reform des Abstammungsrechts steht noch aus, so dass weiterhin eine Stiefkindadoption notwendig ist, damit beide Frauen rechtlich gleichberechtigte Eltern sind. Bereits vor der Einführung der „Ehe für alle“ lebten viele gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern zusammen. Weltweite Studien haben gezeigt, dass sich Kinder in diesen so genannten „Regenbogenfamilien“ genauso gut entwickeln wie Kinder heterosexueller Eltern.

Es muss sich etwas ändern

Wusstest du, dass 97% der stationären Pflegeeinrichtungen keine Qualitätsstandards im Umgang mit gleichgeschlechtlichen Lebenswelten bieten können? Diese Tatsache ist besorgniserregend und unterstreicht die Notwendigkeit von Veränderungen. Leider verbergen viele LGBTI-Menschen ihre Sexualität und Identität aus Angst vor Diskriminierung und Ausgrenzung, während Inter*-Menschen oft Angst vor Diskriminierung aufgrund ihrer Körperlichkeit haben. Es liegt in unserer Verantwortung, ein Umfeld zu schaffen, in dem alle Menschen sicher und akzeptiert sind, unabhängig von ihrer Sexualität oder Identität.

Quere Menschen in der Pflege
Pflegebedürftige
310.000
Pflegende Angehörige
386.000
Pflegekräfte
125.000
QueerPflege-LSBTIQ-Pflege Eine Illustration zweier älterer Frauen, die sich umarmen und die Solidarität und Unterstützung unter lesbischen Senioren symbolisieren.
Weiß deine Pflegekraft, dass du queer bist?
Ja, es ist bekannt 14,1%
14,1%
Nicht Bekannt 85,9 %
85,9%
QueerPflege-LSBTIQ-Pflege Eine ältere Frau trägt ein Regenbogen-T-Shirt.
Gesamtzahl an Pflegeeinrichtungen
Pflegeheime
0
Pflegedienste
0
Alltagshelfende
0
QueerPflege-LSBTIQ-Pflege Eine Frau hält eine regenbogenfarbene Decke und zeigt Queere Pflege.

Pflege von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transidenten und intersexuellen Menschen

Der Pflegeprozess ist das Grundgerüst pflegerischen Handelns und ermöglicht ein zielgerichtetes und systematisches Vorgehen, bei dem der Mensch im Mittelpunkt steht und ganzheitlich wahrgenommen wird. Die Pflegenden sammeln Informationen über den Pflegebedürftigen und seine Situation. Bei der Aufnahme in Pflegeeinrichtungen werden häufig Formulare mit Standardfragen verwendet, die keinen Raum für individuelle Antworten lassen und die Lebensrealität von LGBTI+ Menschen nicht widerspiegeln. Häufig wird vom Pflegepersonal behauptet, dass es in ihrer Einrichtung keine LSBTQI+ gebe, was jedoch unwahrscheinlich ist. Oft werden diese Menschen nicht erkannt, wenn sie sich nicht offen outen.

Es ist wichtig, die sexuelle und geschlechtliche Identität in der Pflege zu berücksichtigen, da sie für die individuelle Gesundheit wichtig ist. Diskriminierung und Ausgrenzung machen auch vor Gesundheitseinrichtungen nicht halt. Um professionell arbeiten zu können, ist es wichtig, das Wissen um die spezifischen Lebensrealitäten der Pflegebedürftigen in jeder Pflegesituation zu berücksichtigen.

Einfühlungsvermögen und Empathie

Damit Pflegende erfolgreich handeln können, ist die Auseinandersetzung mit den eigenen Lebensvorstellungen, Werten und Normen, der eigenen geschlechtlichen und sexuellen Identität und dem eigenen kulturellen Hintergrund von großer Bedeutung. Diese Selbstreflexion ermöglicht es den Pflegenden, ihre Perspektive von der der zu pflegenden Person zu unterscheiden und ein empathisches Verständnis für deren Denken, Fühlen und Handeln zu entwickeln. Dies befähigt die Pflegenden, einfühlsam auf die Situation der Pflegebedürftigen einzugehen und im Sinne der Patienten zu handeln.

Biografiearbeit

Eine wichtige Methode für Pflegekräfte, um die Lebensrealität von Pflegebedürftigen zu verstehen, ist die Biografiearbeit. Dabei wird die persönliche Geschichte des Menschen betrachtet, um Rückschlüsse auf Sitten, Bräuche und Kulturen im jeweiligen Umfeld und deren Einfluss auf Gesundheit und Krankheit zu ziehen. Die Pflegebedürftigen können so besser verstanden werden, und die Pflegemaßnahmen können an ihren individuellen Bedürfnissen ausgerichtet werden.

Hinweise auf die Lebensrealitäten der Pflegebedürftigen können auch durch Symbole, Bücher oder Bilder in ihrem Zimmer gefunden werden. Bei der Verhaltensbeobachtung ist zu beachten, dass bei Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transidenten und Intersexuellen genderflexible Verhaltensweisen auftreten können, die von Pflegenden als „affektiert“ oder „verweichlicht“ missverstanden werden könnten.

Es ist wichtig, ein Verständnis für diese Verhaltensweisen zu entwickeln, um Schmerzausdrücke adäquat zu behandeln und auf die individuellen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen eingehen zu können.

Empfehlen und Anleiten

Transidente und intersexuelle Menschen haben oft Schwierigkeiten, leicht zugängliche Informationen zu ihrer Lebenssituation zu finden. Es fehlt an Unterstützungsangeboten während des Transitionsprozesses (Passing) bei transidenten Menschen oder während der Selbstfindung zur eigenen Intersexualität. Es gibt zu wenig Hinweise auf spezialisierte Kliniken und zu wenig Informationen über den Umgang mit psychischen und körperlichen Veränderungen.
Pflegende müssen das Wissen von Transidenten und Intersexuellen in die Pflege einbeziehen. Pflegeprobleme sollten gemeinsam besprochen werden, um gute Lösungen zu finden. Es ist wichtig, sich über die lebenslange Hormontherapie zu informieren, die viele transidente Menschen durchführen. Außerdem wird es in Zukunft mehr transidente Menschen geben, die nach der Namens- und Personenstandsänderung keine geschlechtsangleichenden Operationen durchgeführt haben. Daher ist es wichtig, die richtigen Pronomen zu verwenden (sie/er, ihr/sein) und sie insbesondere bei der Intimpflege in ihrem Geschlecht zu akzeptieren. Dies gilt auch für Intersexuelle, die sowohl männliche als auch weibliche äußere Geschlechtsmerkmale aufweisen können.
 
QueerPflege-LSBTIQ-Pflege Eine Illustration zweier älterer Männer, die sich umarmen und queere Fürsorge im Kontext des Alterns und der Pflege darstellen.
QueerPflege-LSBTIQ-Pflege Zwei ältere Frauen umarmen sich liebevoll und fürsorglich in einer inklusiven Pflegeumgebung und fördern einen sicheren Raum für schwule Pflege und LSBTI Altern und Pflege.

Erkennen und Berücksichtigen der familiären Beziehungen

In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen werden Angehörige von lesbischen, schwulen, bisexuellen und transsexuellen Menschen (LGBTI) oft nicht erkannt, da die Aufmerksamkeit des Pflegepersonals in erster Linie auf traditionelle Familienbeziehungen gerichtet ist. LSBTI sind jedoch häufig Teil alternativer queerer Gemeinschaften, die eine Art Ersatzfamilie bilden. Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Gemeinschaften einen ähnlichen Unterstützungscharakter haben wie die traditionelle Familie. Viele LGBTI haben enge Beziehungen zu ihrer „Wahlfamilie“, die ein natürlicher Teil ihres Lebens ist. Wenn Pflegende beispielsweise die Partnerin einer lesbischen Frau als gute Freundin oder Nachbarin betrachten, werden ihnen wichtige Informationen über die zu pflegende Person vorenthalten. Wird sie jedoch als Lebenspartnerin erkannt und anerkannt, können die Pflegenden wertvolle Informationen über die Bedürfnisse der zu pflegenden Person erhalten.

Sterben, Tod, Trauern

Gerade bei der Begleitung in schwierigen Lebensphasen ist es wichtig, die tatsächliche Lebenssituation der Pflegebedürftigen richtig zu verstehen. Wenn z.B. die Partnerin einer lesbischen Frau oder der Partner eines schwulen Mannes am Krankenbett nicht erkannt wird, kann es schwierig sein, angemessene Unterstützung zu leisten. Es ist Aufgabe der Pflege, den Pflegebedürftigen zu ermöglichen, ihren Schmerz und ihre Trauer über den Verlust eines geliebten Menschen auszudrücken und Wege zu finden, damit umzugehen. Sterben, Tod und Trauer haben für ältere LSBTI aufgrund der AIDS-Krise in den 1980er Jahren eine besondere Bedeutung. Viele mussten damals miterleben, wie viele schwule Freunde und Bekannte, auch jüngere, innerhalb kürzester Zeit starben. In der Sterbebegleitung von LSBTI ist es von großer Bedeutung, die traumatischen Erfahrungen während der AIDS-Krise zu berücksichtigen und die Ängste und Sorgen der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen im Sterbeprozess mit diesen Erfahrungen in Verbindung zu bringen, um ein würdevolles Abschiednehmen und Sterben zu ermöglichen.

Sprache

Eine wertschätzende und vertrauensvolle Kommunikation zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen ist wichtig. Dabei spielen Begriffe eine entscheidende Rolle, da sie Verständnis ausdrücken und Vertrauen fördern können. Pflegende können sensibel auf verborgene Lebensrealitäten und queere Identitäten reagieren, indem sie die von den Pflegebedürftigen selbst gewählten Begriffe aufgreifen (z.B. „meine Freundin“, „mein Kollege“, „mein Bekannter“). So wird die Person anerkannt, ohne dass ein offensives Outing notwendig ist. Es zeigt Sensibilität, wenn Pflegende einer lesbischen Frau mit weiblicher Sprache begegnen und z.B. das unbestimmte Pronomen „man“ durch „frau“ oder „mensch“ ersetzen. Generell ist eine geschlechtersensible Sprache wichtig, die gleichberechtigt die weibliche Form verwendet oder neutralisierende Begriffe benutzt (z.B. „Beschäftigte, Pflegebedürftige, Studierende, Geschäftsleitung, ärztliches Team, ärztlicher Rat usw. Insbesondere bei der Sterbebegleitung von älteren LSBTI-Personen sollten die traumatischen Erfahrungen während der AIDS-Krise in den 1980er Jahren berücksichtigt werden.

Berührung

Pflegemaßnahmen, Krankenhausaufenthalte und Untersuchungen können bei LSBTI-Personen aufgrund früherer traumatischer Erfahrungen Stress und Retraumatisierung auslösen. Selbst Berührungen können zu negativen emotionalen Reaktionen führen. Um solchen Gefühlen von Abhängigkeit oder Machtlosigkeit entgegenzuwirken, ist es wichtig, Berührungen bewusst und einfühlsam einzusetzen.

Willkommenskultur

Eine offene und tolerante Haltung gegenüber der Vielfalt der Menschen kann sich in verschiedenen Bereichen, wie zum Beispiel in Krankenhäusern oder Altenpflegeeinrichtungen, zeigen. Eine Möglichkeit ist das Anbringen der Regenbogenfahne im Eingangsbereich, die für Akzeptanz und Respekt gegenüber allen Menschen steht, unabhängig von ihrer Lebensweise, Herkunft, Religion oder sexuellen Orientierung. Damit wird ein Zeichen für eine offene und friedliche Unternehmenskultur gesetzt. Die rechtliche Grundlage dafür bietet das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Diskriminierungen aufgrund verschiedener Merkmale wie der sexuellen oder geschlechtlichen Identität verbietet und Menschen davor schützt.

An dieser Stelle vielen Dank für die hervorragende Ausarbeitung der :
Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland Pfalz e.V.
Pflege unterm Regenbogen „Über den Umgang mit homosexuellen, bisexuellen, transidenten und intersexuellen Menschen in der Kranken- und Altenpflege“

Youtube Video - LSBTI- sensible Pflege

Ein ganz tolles, einfach zu verstehenden und nachdrückliches Erklärvideo zum Thema LSBTI-sensible Pflege gibt es hier von der Pflegedienstleitung Annemarie Kröning »Um zu verstehen, warum die Gendersensibilität auch in der Pflege so wichtig ist, müssen wir als Pflegende alle Menschen sowohl in ihrer Unterschiedlichkeit als auch in ihren Gemeinsamkeiten und Lebenswelten verstehen und anerkennen.«, Die Pflegedienstleitung vermittelt in diesem Schulungsvideo auf besonders eindrucksvolle und inspirierende Weise ein Bewusstsein für diversitätssensible Pflege. Dies ist ein eingebundenes Video von der Plattform „Youtube“ von dem Kanal Pflegecampus (@pflegecampus3328)